Das Wort „Risiko“ gehört zu jedem Anleger-Wortschatz, zumindest, wenn man ernst genommen werden will. Risiko beschäftigt uns bei der Rendite, bei der Auswahl von Investitionsmöglichkeiten und ganz allgemein bei Entscheidungen. Da wir jeden Tag unzählige Entscheidungen treffen und das Risiko dabei bewusst oder unterbewusst eine Rolle spielt, beschäftigen wir uns in diesem Beitrag ausschließlich mit dem ökonomischen Risiko. Schon bei der Asset Allocation ist eine wichtige Frage: „Wie hoch ist dein Risiko?“ „Ja gut, so mittel…irgendwie?“ Ihr wisst worauf ich hinaus will. Was bedeutet Risiko? Ist Risiko quantifizierbar? Ja ist es, zumindest, wenn man die Investitionsrechnung als Basis nimmt. Aber spiegelt es das allgemeine, individuelle Risiko wieder? Eher nicht.
Die Zukunft ist ne Bitch
Wir setzen Risiko immer in Verbindung mit der Zukunft. Aber woher wissen wir, wie hoch dieses dubiose Risiko ist? Tja, wirst du jetzt antworten, ganz einfach – über die Rendite! Ok. Hier haben wir also das Risiko quantifiziert. Wir bekommen für unsere Risikobereitschaft tendenziell „mehr Geld“ zurück (wirklich?). Aber wieso heißt es eigentlich Risiko? Wir wissen doch nur aufgrund vergangener Werte, wie hoch unsere durchschnittliche Rendite sein kann. Vergangene Renditen sind aber, wie es so schön heißt, kein Garant für zukünftige Renditen. Und wie wir wissen, haben wir nicht die Glaskugel verschluckt.
Aber wo bleiben die zukünftigen Werte? Ganz einfach, wir schätzen oder bauen auf unsere Erfahrungen. Aber was bedeutet das unter dem Strich? Wir wissen nicht, was in der Zukunft passiert. Wenn wir es wüssten, wären wir alle Millionäre. Trump schottet sich ab und setzt auf Protektionismus? Wir können nun aus unserer Erfahrung in bestimmte Branchen investieren oder sonst auf irgendein tolles Pferd setzen. Wir können dazu eine schöne Matrix anlegen, Brainstormen und alle Informationen in einer Regression bündeln. Aber eines bleibt sicher: Wir überwinden nicht die Zukunft. Wir wissen nicht, ob all das wirklich eintritt. Warum? Weil sich jeden Tag die erklärenden Variablen ändern. Da nützt auch ein Betafaktor nichts. Aber wie nennen wir dann das Risiko? „Keine Ahnung was passiert“ wäre zwar als Wort zutreffend, ist aber nicht präzise. Unsicherheit trifft es da am besten.
Was das mit der Börse zu tun hat
Wenn wir die Zukunft nicht vorhersehen können, sind alle erdenklichen Methoden um Aktien zu analysieren Schwachsinn. Ganz ehrlich, ich bin dankbar über User, die Unternehmensanalysen teilen und öffentlich machen. Aber was bedeutet das, wenn es am Ende heißt: „Das Unternehmen steht finanziell solide da, hat ein gutes Management und hat langfristig den Umsatz gesteigert. Kaufempfehlung!“ Das heißt
- Die Zukunft dieses Unternehmens ist unsicher, aber nicht mehr ganz so unsicher. Zumindest subjektiv.
- Ich habe eine gewisse Sicherheit, ein Vertrauen gewonnen, und kann beruhigter in das Unternehmen investieren.
- Die Wahrscheinlichkeit, dass das Unternehmen weiter wächst, ist größer als das Gegenteil.
Das diese Sicherheit am Ende des Tages ein Trugschluss ist, haben wir schon bei ein paar Unternehmen und Ländern gesehen. Stichwort VW oder systemisch: der Crash. Die einzige Sicherheit wäre der Moment dieser Momentaufnahme. Und die hilft uns natürlich schon weiter. Wir können sagen, ob das Unternehmen im Moment rentabel ist (und das auch nur im weitesten Sinn, denn wie rechnet man mit Markenwerten?). Qualitative Analysen sind meiner Meinung nach noch sinnvoller, da Menschen die quantitativen Daten generieren. (Hier eine berechtigte Frage: Wie sieht es aus, wenn sich das mit zukünftigen, rationalen Entscheidungs-Modellen ändert, wie bspw. ein AI ETF?)
Im Grunde halten wir uns an Momentaufnahmen und der Unternehmensgeschichte fest. Das ist nichts schlechtes, aber uns muss bewusst sein, dass auch eine Quantifizierung und Qualifizierung nichts daran ändert, dass der nächste Tag alles mögliche für das Unternehmen bringen kann. Dabei muss nur einmal über den Tellerrand hinaus geblickt und die gesamte Umwelt in das Modell gezogen werden. Eine konkrete quantitative Einschätzung von zukünftigen Unternehmensentwicklungen ist damit Humbug. Analysten – steinigt mich.
Die planbare Zukunft?
Ein Mittel um die Zukunft planbarer oder sicherer zu machen, sind Strategien. Aber speziell bei Börsen-Strategien sind wir ganz schnell wieder bei der Unsicherheit. Eine Strategie gibt mir das Wanderzeug, aber die Zukunft zeigt mir den Weg. Eine Strategie liefert keine Erfolgsgarantie, aber eine Wahrscheinlichkeit für einen gewissen Erfolg. Die Vergangenheit liefert uns Daten, die wir für diese Erwartung analysieren können. Das Gute daran: Langfristig empirische Untersuchungen liefern klare Aussagen, welche Strategien zum Erfolg führen können…und welche nicht. Das Schlechte daran: Es ist klar, dass Modellannahmen nicht die gesamte Realität abbilden, und schon gar nicht die Zukunft von exakten Wertentwicklungen.
Wir können planen, den Plan optimieren und quantifizieren. Aber Hellsehen? Das ist noch außerhalb unserer Fähigkeit. Die Zukunft bleibt unsicher.