Das Wort „Artificial Intelligence“ – deutsch: „künstliche Intelligenz“ – schwirrt derzeit wie der Geist des Kommunismus in der Finanzwelt herum und erregt Ärger und Aufsehen. Im Gegensatz zu diesem gescheiterten Wirtschaftssystem ist AI aber zukunftsfähig. Kein Wunder, schließlich bietet das computergestützte Analysieren von Daten und eine gleichzeitige Verbesserung der AI selbst einen größeren Wert als ein Plansystem, dass wie ein Schiff auf rauer See immer kurz vorm Kentern steht.
Aber wie komme ich auf AI? Letztens las ich häufiger von einem ETF, der Algorithmen nutzt, um in Aktien zu investieren. Der Name: AI Powered Equity ETF (AIEQ). Aufgelegt im Jahr 2017 (November), investiert der aktiv gemanagte Fond in Aktien, die von einem quantitativen Modell auf Basis von IBM Watson errechnet werden. IBM Watson ist ein Supercomputer, der die Berechnung der extrem vielen Datenpunkten ermöglicht.
Was den Fond ausmacht:
- Tägliche Auswertung von einer Millionen Marktsignale und Berichte (News, Soziale Netzwerke, Unternehmensberichte) sowie von 6.000 Unternehmen
- Automatisierte Strategie – also die ultimativ rationale Maschine
- Portfolio von 30 bis 70 Unternehmen
- Gewichtung aller Unternehmen: höchstens 10%
Wie sich das auf Englisch anhört:
„Each day, the EquBot Model ranks each company based on the probability of the company benefiting from current economic conditions, trends, and world events and identifies approximately 30 to 70 companies with the greatest potential over the next twelve months for appreciation and their corresponding weights, while maintaining volatility (i.e., the range in which the portfolio’s returns vary) comparable to the broader U.S. equity market. The Fund may invest in the securities of companies of any market capitalization. The EquBot model recommends a weight for each company based on its potential for appreciation and correlation to the other companies in the Fund’s portfolio. The EquBot model limits the weight of any individual company to 10%.“
Das hört sich gut an. Die AI analysiert, der Fondmanager setzt die Auswertungen um. Welche Aktien der Fond hält, kann auf der Website angesehen werden.
Die Entwicklung im Vergleich mit dem SPY:
Den AI-ETF verstehen
Wem jetzt schon das Wasser im Mund zusammenläuft, den muss ich ein bisschen enttäuschen: der ETF ist an deutschen Börsen noch nicht handelbar. Eines sei aber schon vorweggenommen: Die Kosten sind mit 0,75% hoch. Natürlich könnte ich euch jetzt die üblichen Kennzahlen des ETFs herunterrattern. Aber ist es nicht viel interessanter, dass System zu verstehen? Beispielsweise um andere ETFs, die auf Basis genau dieser künstlichen Intelligenz agieren, sofort im Aufbau zu verstehen? Ich denke schon. (Außerdem wissen wir schon von Buffet: Verstehe, was du kaufst)
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Sehen wir uns das System dahinter genauer an. Können wir herausfinden, wie die Datenpunkte errechnet werden? Leider nicht. Die Website und die Prospekte geben wenig her und auch die News-Artikel sind sehr allgemein. Scheinbar ist den meisten egal was dahintersteht, hauptsache AI.
Was sich immerhin finden lässt ist folgendes:
EquBot leverages IBM’s Watson AI to conduct an objective, fundamental analysis of U.S.-listed common stocks and real estate investment trusts (“REITs”) based on up to ten years of historical data and apply that analysis to recent economic and news data.
Die künstliche Intelligenz führt also wörtlich eine Fundamentalanalyse durch und schickt den Output durch einen ökonomischen „News-Filter“.
Aber wo können wir anfangen, um den ETF noch besser zu verstehen? Na, am besten bei der künstlichen Intelligenz. Die scheint vor allem der IBM Watson zu sein. Bei einer weiteren Recherche fällt auf, dass der Supercomputer ein Tool für eine Spracherkennung ist. Dabei wird Text zerlegt und daraus Hypothesen sowie Antworten generiert.
Im Prinzip handelt es sich dabei um Text Mining und Textverarbeitung. Im Zuge eines Kurses habe ich mich kurz mit Tex Mining beschäftigt. Darauf kann zum Beispiel abgeleitet werden, wie positiv oder negativ ein Text ist (Sentiment Analysis). In dem Fall von dem ETF macht das bei der Auswertung von News Artikeln einen Sinn. Auch Geschäftsberichte können damit auseinandergenommen werden. Aber wie die AI arbeitet ist nicht bekannt. Für mich wäre interessant, wie die Zusammenhänge modelliert werden.
Wir stehen also vor der Frage, wie die AI genau funktioniert. Und ganz lässt sich das nicht beantworten, weil sich komplexe Algorithmen nicht ganz einfach in ihre Karten sehen lassen.
Es gibt auch Kritikpunkte am Watson:
- Die Investitionskosten für Unternehmen sind hoch
- Keine wesentlichen Fortschritte oder Veröffentlichungen von Tools für Unternehmen
- In anderen Bereichen (klinischer Einsatz) erziehlte das System nicht die geeignete Präzision
AI ETF – Ein Renditewunder?
Der Watson bietet demnach eine große Analysepalette, aber die Frage ist, wie gut die KI arbeitet. Am Ende des Tages geht es natürlich ums Geld, und als Investor will ich wissen, wie ein ETF funktioniert. Bei dem AIEQ bin ich deshalb skeptisch, vor allem, weil für mich die Erklärungen rund um den Aufbau der künstlichen Intelligenz zu dürftig sind. Auch der Medienhype trägt nicht zum Vertrauen bei. Natürlich ist es super, wenn ein neues System erprobt wird, aber auf den englischen Nachrichtenseiten gab es zu viele Lobhudeleien. Wie sich der ETF schlägt, wird sich erst langfristig beurteilen können. Nach anfänglichen Schwierigkeiten im Vergleich zum SPY ist die Entwicklung jetzt ok. Ein neues Renditewunder? Wir werden sehen, vor allem, wenn die AI lernt. Aber ob das was nützt? Es ist immerhin die Börse. Und dort kann alles passieren – auch das Gegenteil (Kostolany)
fAIzit
Der AIEQ überzeugt mich noch nicht ganz, aber ich bin gespannt, wie die Entwicklung von AI gestützten ETFs weitergeht. Potential ist vorhanden. Vor allem bei Unternehmensanalysen (auch qualitativ) spielt die künstliche Intelligenz ihre Stärke aus (wers braucht ;). Ich finde die Umfeldanalyse ja spannender, da die Börse ja im Grunde ein Psychospielchen ist. Das könnte man in Grundzügen vielleicht auch noch selber machen. Es heute schon möglich, mit RStudio selbst eine AI zu generieren. Die Frage ist, ob sich das überhaupt für diese Zwecke lohnt und wie aufwändig das wäre. Ob sich die AI für Anleger lohnt? Wir werden sehen.
Oder wie Kostolany sagte: Betriebswirte, Wirtschaftsingenieure, Volkswirte und andere Experten sollten der Börse fernbleiben. Sie ist für die eine gefährliche Falle, die sich ihr mit wissenschaftlichen Methoden annähern wollen. Ich kann für sie nur Dante zitieren: „Lasst, die ihr eingeht, alle Hoffnung schwinden!“
Behält Kostolany recht?