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Was hat der Typ, der das behauptet, geraucht?

So beginnt die Geschichte von Pim Van Vliet und Jan de Koning im Buch „High Returns From Low Risk„*. Sie wollen uns ein Paradox vorstellen, das ganz und gar nicht in die Welt der Finanzen passt: „Aktien mit niedrigem Risiko liefern hohe Renditen, während Aktien mit hohem Risiko niedrige Renditen erbringen.“ Haben wir das nicht anders gelernt? Lesen wir nicht ständig von hohes Risiko = hohe Rendite? Die beiden Autoren wollen diese Annahme evidenzbasiert widerlegen. Schaffen sie es?

Wer sich für den Hauptautor interessiert, springt am besten gleich zum Interview mit Tim van Vliet weiter.

In 18 Kapiteln schlüsseln sie das Paradox auf. Witzige Anekdoten machen das Buch auch für den Hardcore Kriminalroman-Leser interessant, der sich normalerweise nicht mit einem trockenen Finanzbuch beschäftigt. Warum? Es sind die Geschichten in der Geschichte. So schreibt Vliet einführend, er würde von nahestehenden Menschen, die ihm in jungen Jahren begleiteten, wahrscheinlich „Herr Sparsam“ genannt werden. Außerdem erzählt uns im Rückblick von seinen eigenen Erfahrungen mit Geld und dem Finanzmarkt und was er daraus gelernt hat. Zum Beispiel, das Risiko eben nicht immer bedeutet, mit einer hohen Rendite auszusteigen.

Buch Cover

High Returns From Low Risk Buchcover – mit freundlicher Genehmigung der Autoren

Gleich im nächsten Atemzug erfahren wir, was Risiko bedeutet und lüften das erste Geheimnis: Wie die Autoren auf die wahnwitzige Idee kommen, das risikoarme Aktien eine deutlich höhere Rendite haben.

Wir haben uns damit ein Problem eingehandelt – ein echtes Problem oder für manche vielleicht auch eine unbequeme Wahrheit.

Das stimmt. Der ewig gelehrte Grundsatz von Büchern, Gurus und Unis wird damit über den Haufen geworfen.

Was mir besonders gefällt ist, das die Autoren ihre Ergebnisse immer wieder selbst hinterfragen und uns Leser zur Skepsis auffordern. Sollen wir ihnen das wirklich abkaufen? In den folgenden Kapiteln wird empirisch aufgeschlüsselt, warum das Paradox existiert und warum es nicht offen kommuniziert wird. Eine Verschwörung? Nein. Es ist eine Frage der Perspektive.

Jetzt wissen wir, warum das Paradox existiert. Was ist die nächste Frage? Natürlich! Wie kommen wir zu den Wunderwaffen der hohen Rendite? Auch darauf geben uns Vliet und Koning eine ausführliche Antwort und liefern die Indikatoren und Werkzeuge gleich mit. (Die Indikatoren verrate ich in der Buchvorstellung noch nicht, sonst gibt es ja keinen Anreiz das Buch zu lesen ;) Die Vorgehensweise ist einfach…zu einfach? Das soll funktionieren? Skeptiker bewaffnen sich schon mit brennenden Fackeln und machen sich bereit für einen digitalen Shitstorm. Aber wieder belegen die Autoren ihre Vorgehensweise schlüssig.

Die beiden gehen – nicht ganz uneigennützig – auch auf passive und aktive Fonds ein, die diese Kriterien erfüllen.

In den nächsten Kapiteln sind die üblichen Fehler bei der Aktienanlage beschrieben. Vermeide hohe Transaktionskosten, bleibe bei deiner Strategie und sei geduldig. Auch ein Exkurs in die Philosophie ist enthalten. Können uns klassische Weisheiten zu besseren Anlegern machen? Dazu Vliet:

…ich glaube, die Antwort könnte wirklich „Ja“ lauten.

Die Ultras der Finanzszene können jetzt laut lachen. Ich finde es bemerkenswert, das man Moralvorstellungen, Tugenden und Weisheit mit der Geldanlage verbindet. Ist es nicht genau der Bereich, über den wir Finanzleser und –blogger ständig diskutieren?

Abschließend wagt man eine Prognose und untermauert noch einmal die eigene Argumentation. Nachvollziehbar, klar, schlüssig. Jetzt wird es noch einmal spannend. Wir können uns die Daten sogar herunterladen. Wo und wie findet ihr im Buch. Zusätzlich ist ein Literaturverzeichnis enthalten, das die im Buch verwendeten Werke noch einmal zusammenfassend darstellt.

Fazit

Insgesamt eines der „schönsten“ Bücher, das ich über die Geldanlage las. Schön, weil die persönlichen Geschichten zum weiterlesen einladen, keine 0815 Excel-Grafiken hingeklatscht wurden, die Argumentation schlüssig und empirisch ist, Erfahrungen geteilt und auch auf philosophische Aspekte eingegangen wird. Der Zusammenhang zwischen hohem Risiko und einer hohen Rendite löst sich nach dem Buch in Luft auf. Obwohl…nicht ganz. Jede Übereinstimmung verwirft man im Buch nicht. Langfristig nagt das Risiko aber an der Rendite. Für Zahlenreiter und Chartfanatiker sind die Indikatoren wahrscheinlich zu einfach. Aber ist eine ultimative Analyse überhaupt sinnvoll? Für manche Anleger ist es das um und auf, für andere nicht. Was das Buch trotzdem schaffen sollte, ist zumindest ein Kopfkino. Ein interessantes Finanzbuch für jedermann? Ja. Ein Paradox. Noch eine Anmerkung: Einsteiger finden in dem Buch gute Tipps. Ob der Strategievorschlag sinnvoll ist, darüber lässt sich streiten.

Die vorgestellte Strategie werde ich testen und eventuell mit meinen subjektiven Gedanken unterfüttern. Ein Kurzinterview ist geplant, die Fragen schon gestellt, ich warte nur mehr auf die Antworten der Autoren. Das Interview ist online und hier zu finden: Interview mit Pim van Vliet.

€: Der Inhalt wurde objektiv präsentiert. Eine subjektive Kritik folgt –> Danke an Dummerchen! Siehe dazu Kommentar + Antwort.

Zu den Autoren

Pim Van Vliet ist Portfolio-Manager bei Robeco und Gastdozent an Universitäten. Jan de Koning Client-Portfolio Manager beim gleichen Unternehmen und gibt Seminare zum Thema „Auswahl von risikolose Aktien“.

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