Konsumverzicht ist in, out der Konsum. Zumindest für manche Menschen. Manche Menschen schließen sich zu einer geistigen Gruppe zusammen und eine „Anti-Konsum-Bewegung“ entsteht. Die Schmähung von „den Anderen“ (Ups, von „Lost“ geklaut) wird zur höchsten Maxime und das rigorose Eindreschen auf Konsumgeilheit wird eine neue, fanatische Religion.
Aber lasst uns doch etwas anderes in die Welt hinausschreien: „Konsum ist geil. Solange „DU kaufst!“
Wir müssen konsumieren
Schon der Moralphilosoph Adam Smith erkannte in seiner klassischen Lehre die Notwendigkeit des Konsums. In der VWL, respektive Makro- und Mikroökonomie, spielen Ausgaben für Güter eine zentrale Rolle. Was wäre wenn wir alle sparen? Es kommt zum Sparparadoxon, zumindest Gesamtwirtschaftlich betrachtet. Laut der Definition von Keynes ist das Sparen einiger ok, legen jedoch alle oder viele ihr Geld beiseite kommt es zum Rückgang der Nachfrage, was wiederum Auswirkungen auf die Produktion und das Einkommen hat. Der Wohlstand sinkt. Neoklassiker und auch der bekannte österreichische Nationalökonom Hayek bezweifelten dies, denn auch beim Sparen kommt es zu Investitionen. Makroökonomisch gilt das Sparparadoxon, zumindest im universitären Bereich, als bisher gegeben (Wie in jeder Wissenschaft ist eine Theorie nicht für alle Zeit wahr oder falsch; korrigiert mich wenn ich irre). Nehmen wir also an, die „Anti-Konsum-Bewegung“ bekehrt 80% der Bevölkerung. Diese immense Menschenmasse verzichtet auf die neuesten iPhones, teure Schlitten und schöne Urlaube. Was dann passiert wisst ihr bereits.
Ist es also falsch auf Konsumverzicht hinzuweisen? Nein, ganz im Gegenteil. Solange nicht jeder auf den Zug aufspringt. Immerhin bedeutet Konsum auch Wachstum und ungefähr 3% sind laut herrschender Meinung nötig, um die Arbeitslosenquote konstant zu halten. Außerdem hängt meine Rendite davon ab. Also kauft!
Ein Ausflug ins Ungewisse
Jetzt könnte man in ganz sozialistischer Manier darüber nachdenken, was eigentlich nach dem Sparparadoxon kommt. Gerne werden solche Überlegungen als „links“, „komplett dumm“ (schönes Argument übrigens!) oder „du kennst dich mit Wirtschaft nicht aus“, abgestempelt. Aber Fragen wir doch einfach den damals angesehenen Nationalökonomen Joseph Schumpeter, der übrigens überhaupt kein Fanboy von Keynes war. In seiner Schrift „Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie“* analysiert er sehr ausgiebig Marx (diese geistige Offenheit sollte übrigens zu denken geben! Er gesteht ihm neben einiger Kritik auch gute Ansätze zu), ökonomische Entwicklungen, spricht von „schöpferischen Zerstörung“ (Weiterentwicklung durch Zerstörung) und dem Verhältnis von Kapitalismus und Sozialismus. Dabei sieht er den Kapitalismus als nicht überlebensfähig. Jetzt wird es spannend. Welche Ursachen stellte der Denker fest? Bevor ihr weiterlest, denkt doch kurz über eure Ansicht darüber nach.
Folgende Gründe zählt er auf:
- Intellektuelle Ablehnung gegenüber dem Kapitalismus und deren Einsetzen für schwächere Gesellschaftsschichten; Ein selbstgemachtes Problem, da eine höhere Bildung erst durch den Kapitalismus bedingt wurde.
- Unternehmer werde die Initiative genommen, da immer mehr Spezialisten die Feder führen und für kleinere Firmen kein Platz mehr ist.
Zitat:
„Indem der kapitalistische Prozess ein bloßes Aktienpaket den Mauern und den Maschinen einer Fabrik substituiert, entfernt er das Leben aus der Idee des Eigentums…. Ein Eigentum, das von Person und Materie gelöst und ohne Funktion ist, macht keinen Eindruck und erzeugt keine moralische Treuepflicht, wie es die lebenskräftige Form des Eigentums einst tat.“ S. 230
- Die Unterstützung der Oberschicht bricht weg, da der politische Einfluss geringer wird; Auch ein selbstgemachtes Problem.
- Unternehmerische Freiheiten werden geringer.
- Das Feindbild Kapitalismus verbreitet sich immer weiter.
Eine Düstere Aussicht für Investoren, oder? Können wir nach dem Systembruch irgendwie weitermachen?
Sozialismus ist nicht wirklich definiert. Laut Schumpeter gibt es ein Zentralsystem, also grundsätzlich eine Planwirtschaft. Den Übergang prophezeit er entweder friedlich, oder mit Gewalt. (Er spricht übrigens von „demokratischer Sozialismus“ S. 503)
Puh, das klingt nach einem vom rechten Weg abgekommenen Neoklassiker, oder? Könnt ihr einige von Schumpeters Thesen verifizieren, oder seid ihr ganz anderer Meinung? Wohin geht die Reise? Was sind eure Beobachtungen?
Wer sich für die Auseinandersetzung mit Rezessionen, Zins, den Diskussionen rund um Theorien und dem vllt. zukünftigen Unternehmerdasein gerne beschäftigt, sollte zu das Buch gelesen haben. Es finden sich noch viele andere Argumente und vor allem gut durchdachte Abwägungen. Deshalb ist Schumpeters Werk auch nicht revolutionär angehaucht, sondern ein analytisches, wissenschaftliches Gebilde und genau das erwarte ich mir von wirtschaftlichen Aussagen. Eine Differenzierte, sachliche Betrachtungsweise. Schwarz-Weiß kann jeder, aber nicht viele können bunt.
Zurück in die Gegenwart
Ich hoffe, der kleine Ausflug in Schumpeters gedankliche Ergüsse hat euch Spaß gemacht. Kommen wir zurück zu der „Anti-Konsum-Bewegung“. Wenn diese vllt. zukünftig auftretende Fraktion den kompletten Verzicht predigt, bin ich raus. Sorry, Konsum kann geil sein. Du hast sicher auch schon einmal das freudige Hochgefühl gespürt, als du ein bestimmtes Gut oder eine Dienstleistung gekauft hast. Diese Annehmlichkeiten gehören zum Leben dazu und das ist gut so. Es gibt aber einen subjektiven Unterschied in der Einstellung gegenüber Konsum. Dem Einen gefällt es besser, dem Anderen nicht. Der Eine kauft auf Kredit, der Andere nicht. Natürlich hoffe ich, du gehörst zu den gemäßigten Konsumenten und dazu würde ich in meiner Rolle als Finanzblogger, aber auch persönlich, raten. Aber auch als rationaler Konsument soll Konsum erlaubt sein. Deshalb: Wenn du etwas kaufst, denke einfach ans Gemeinwohl…Und kaufe am Besten etwas von P&G. Und Ads von Facebook. Und überhaupt Produkte von allen Unternehmen die ich im Depot liegen habe. Konsum ist geil!